Montag, 29. Juni 2009

Tourette-Syndrom Tic Störung

Gilles-de-la-Tourette-Syndrom was ist das?

Hier ein kurzes Einführungs-Video:



Wann handelt es sich um einen Tic, den man unbedingt therapieren sollte?

Bei chronisch motorisch vokalen Tics die mindestens ein Jahr andauern, multiple motorische Tics (Gilles-de-la-Tourette-Syndrom) und bei den Erscheinungsformen komplexer Tics: Echolalie, Koprolalie und Palilalie.

Koprolalie = Verwenden von obszöner oder Fäkalsprache
Kopropraxie = Obszöne Gesten
Echolalie = Nachplappern von Wörtern
Echopraxie = Nachahmen von Gesten und Bewegungen
Palilalie = Krankhafter Zwang eigene Sätze und Wörter wiederholt zu sprechen

Und welche Therapieformen werden bei Tics empfohlen?


Ganz milde, vorübergehende Tic-Störungen werden meist nicht oder nur mit unspezifischen psychotherapeutischen Techniken behandelt (zum Beispiel Klärung familiärer Probleme). Besteht die Symptomatik fort, beginnt die Behandlung mit der Information und Beratung. Wichtig ist es spezifische Belastungssituationen zu erkennen und gezielte Bewältigungsstrategien zu entwickeln, zu denen auch Entspannungstechniken gehören.
Die medikamentöse Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad der Tic-Störung. Das Mittel der Wahl ist derzeit Tiaprid. Neuroleptika kommen erst als Medikamente zweiter Wahl als Augmentation in Betracht.
Möller, Laux, Deister/ Psychiatrie und Psychotherapie-Seite 442


Hypnose-Therapie kann hier ebenfalls sehr hilfreich sein.
Werner J. Meinhold/ Das grosse Handbuch der Hypnose- Seite 645

Ein wenig Spital-Geschichte aus Liestal

Basellandschaftliche Zeitung vom 17. September 2004
Seit 150 Jahren ein Kantonsspital
Lukas Ott 1

«PFRUND» IN LIESTAL / Im September 1854 löste die «Pfrund» das Siechenhaus ab, das aus allen Nähten platzte. Der Kampf gegen die Raumnot war aber nicht vorbei. Rückblick auf eine «irrsinnige» Geschichte. LIESTAL. Wie in einem aufgestöberten Ameisenhaufen sei es zugegangen, als die Pfründer am 21. September 1854 vom alten ins neue Spital in Liestal umzogen, berichtet Johann Jakob Heim, der damalige Frenkendörfer
Pfarrer und Spitalseelsorger. «Manche konnten sich in dem grossen Gebäude kaum zurecht finden. An diesem Tage zogen 82 Pfründer aus und ein, 41 männliche und 41 weibliche, nämlich nur die sogenannten ‹Gangbaren›.
Die übrigen 128 Personen wurden nach und nach hinübergenommen; die Kranken und Gelähmten auf Ambülancen getragen, die Irren einzeln geführt.»

Das alte Siechenhaus

Mit dem alten Spital ist das «Siechenhaus» oder «untere Spital» gemeint, welches 1769 an Stelle des alten Siechenhauses achthundert Meter vor dem Stedtli errichtet wurde. Das alte Siechenhaus, ursprünglich als Asyl für Aussätzige abgesondert an der alten Landstrasse erbaut, nahm nach dem Verschwinden des Aussatzes andere Kranke auf – Leute aus den Gemeinden, die «mit besonderen Übeln, ansteckenden Krankheiten, Fallsucht, Irrsinn, Tobsucht behaftet oder körperlich verunstaltet waren.» Infolge Platzmangels wurde es um 1500 erweitert und hatte seither während fast 300 Jahren keine Veränderungen mehr erfahren.
Die Ausrüstung führte auf Grund der steigenden Zahl der Pfleglinge – allein von 1659 bis 1727 von 60 auf bis zu 120 – zu prekären Situationen.

Auch nach der Einführung der ständigen Armenkassen oder «Armensäckel» in den Gemeinden im Jahr 1727 neigten diese oft zur Tendenz, ihre Armen ins Siechenhaus abzuschieben, um nicht für sie sorgen zu müssen.

Als 1735 der damalige Pfleger Nikolaus Birmann die Kost noch mehr einschränken sollte, schrieb er an seine Aufsichtsbehörde, das Deputatenamt, «er könne das nicht über sein Herz bringen und wolle lieber von dem Seinen zusetzen.» Und weiter: «Es ist nicht recht, dass Alle durcheinander leben müssen, brave, fromme, unglücklich gewordenen Leute mit den Säufern und Ruchlosen, Kranke mit den Gesunden, Geisteskranke mit den Verstüm-
melten. Es ist nicht recht, dass man den Geisteskranken keine andere Arznei gibt als die schweren Ketten mit den Eisenkugeln, den Aderlass durch den Bader, bis der Kranke stille wird.»

Das alte Spital

1769 konnte die neue, aus dem Abbruchmaterial der «geschlissenen» Kirche Munzach erbaute Anstalt bezogen werden. Der Läufelfinger Pfarrer Markus Lutz lobte den Neubau mit den Worten: «Dieses jetzige, armen, betagten Landeskindern beyderley Geschlechts bestimmte Pfleghaus ist ein schönes geräumiges Gebäude mit einem mit eisernen Stageten und grossem Portal gegen die Landstrasse beschlossenen Vorhof, und hat sehr hohe, luftige Zimmer.»

Die Zustände bedeuteten im zeitgenössischen Urteil eine klare Verbesserung. Aber schon 1771 meldete der Pfleger, dass für Verwirrte keine Gemächer mehr zur Verfügung stünden. Das Deputatenamt beschloss daraufhin einen Aufnahmestop. Trotzdem blieb die Raumnot bedenklich, und die angemeldeten Patienten mussten auf eine Warteliste gesetzt werden.

Seit 1800 fanden vermehrt durch «eigenes Verschulden» verarmte Personen
Aufnahme , «Liederliche, Arbeitsscheue und Trunksüchtige», welche – in zeittypischer Verkennung von Ursache und Wirkung – als «moralische Siechen» bezeichnet wurden.
Nach dringlichen Klagen des damaligen Pflegers, der Ordnung in das Chaos zu bringen versuchte, wurden 1818 sogenannte «Narrengemächlein» – Irrenzellen – aufgestellt:

«Nach und nach entstanden mehrere, eine Reihe von Verschlägen, den Schweineställen gleich. [...] Der Unrat war bis acht Tage lang nicht entfernt worden, das Lager der Armen zeigte sich als ein faulender Misthaufen, ganz von Würmern durchzogen. Kein erbarmendes Auge hat in dieses Dunkel geschaut! Auch hier Lebendigbegrabene!» Der Autor dieser Zeilen, Martin Birmann (1828–1890), Baselbieter Ständerat und als freiwilliger Armeninspektor für die Förderung der gesetzlichen Armenpflege engagiert, wusste aus eigener Anschauung, wovon er sprach: Sein eigener Vater weilte vorübergehend in der Anstalt.

Die Pfrund – das neue Spital

Die anhaltende Platznot und die unhaltbaren Zustände führten dann zum Neubau von 1854. Das für 350 Personen auf der Anhöhe neben dem alten Spital errichtete Kantonsspital sollte Abhilfe schaffen. In den Flügelbauten mit den für die «Irren , Tobsüchtigen und Blödsinnigen» reservierten Zellen sollten nun auch diese menschenwürdiger untergebracht werden. Das gesamte Erdgeschoss erhielt die Funktion einer Krankenabteilung.

Der monumentale, nach allen Seiten offene, hufeisenförmige Neubau wurde nach Plänen des ersten kantonalen Hochbauinspektors Benedikt Stehle (1805–1868) als eine für die damalige Zeit grosszügige Anstalt konzipiert, die in der Bevölkerung bald als «grosser Palast» galt. Der Spitalbau war für den jungen Kanton zweifelsohne ein Repräsentations- bau erster Güte.

Mit dem Bau des neuen Spitals glaubten die Behörden, für lange Zeit aller Raumsorgen enthoben zu sein. Das Gebäude stellte sich aber schon bald als zu klein heraus; im Jahr 1871 war die Zahl der Patienten auf 410 angestiegen. Dazu kamen zweckgebundene Probleme, da sich der Spitalzweck mit dem Bezug des Neubaus nicht verändert hatte. Die Vermischung von zu betreuenden alten und zu pflegenden kranken Insassen bereitete den
verantwortlichen mehr und mehr Kopfzerbrechen, das sich angesichts der Raumnot noch verstärkte. Die Raumnot erinnerte Martin Birmann, seit der Eröffnung 1854 Präsident der kantonalen Spitalkommission, an überwunden geblaubte Zustände:

«Eine Folge der räumlichen Beschränktheit ist das althergebrachte Durcheinander von Kranken, Irren, Blöden, Altersschwachen, Arbeitsscheuen, Säufern, Gaunern. Dieses lässt keine Hausordnung aufkommen und ist eine Quelle täglichen Schadens.» Für das Personal war das ganze völlig unübersehbar; es war dem Anstaltsdirektor unmöglich, mit lediglich 11–15 Personen Pflegepersonal Ordnung in den Betrieb zu bringen.

Das Krankenhaus

Eine räumliche Abtrennung der Krankenabteilung schien unumgänglich. Statt der ursprünglich erwogenen Erweiterung des Spitals wurde beschlossen, ein besonderes Krankenhaus erstellen zu lassen. Martin Birmann liess auf eigene Rechnung Pläne dafür ausfertigen, die er dem Kanton zum Geschenk machte. Für 100 Personen geplant,
wurde das Krankenhaus 1877 eröffnet.
In der «Pfrund» regierten jedoch wie bis anhin armselige Zustände. Es kostete Zeit und Kraft, bis die finanziellen Hindernisse überwunden und das Spital zweckmässig erweitert werden konnte. 1888 wurde es wesentlich vergrössert, indem die Flügelbauten verlängert und der Hof gegen den Bahndamm mit einem Ökonomiegebäude abgeschlossen wurde. Nach dem Auszug der Krankenabteilung ins neue Krankenhaus diente das Kantonsspital fortan als Fürsorge- und Altersheim, welches eine Alters- und eine Irrenabteilung führte. 1930 hiessen die Stimmberechtigten dann den Bau einer Heil- und Pflegeanstalt gut; 1934 konnte die Kantonale Psychiatrische Klinik Hasenbühl bezogen werden. Nun schien die seit langem angestrebte Trennung der Kranken, Armen, Alten
und Geisteskranken endlich möglich geworden zu sein.


1
Lukas Ott, lic. phil., studierte an der Uni Basel Soziologie, Kunstwissenschaften und Botanik und ist heute Inhaber eines Büros für Politikforschung und Kommunikation sowie Stadtrat in Liestal. Als Co-Projektleiter und Mitautor der Neuen Heimatkunde Liestal ist er erst kürzlich mit einer grösseren sozial-und kulturgeschichtlichen Arbeit über die Entwicklung der Stadt Liestal im 19. und 20. Jahrhundert in Erscheinung getreten.