Spielen ist eine Grundlegende Form menschlicher Tätigkeit und ist zugleich ein Training sozialer Fertigkeiten, eine Befriedigung des Luststrebens, hat auch eine „Mystische“ Bedeutung, ist ein Wirtschaftsfaktor und hat nicht zuletzt eine Fiskalische Bedeutung wegen den Steuereinnahmen.
Im ICD 10 wird das pathologische Spielen unter F63.0 den abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle klassifiziert.
Diagnostische Kriterien für pathologisches Spielen nach DSM-IV
Andauerndes und wiederkehrendes fehl angepasstes Spielverhalten, was sich in mindestens fünf der folgenden Merkmale ausdrückt:
1. Ist stark eingenommen vom Glücksspiel (z.B. starkes Beschäftigtsein
mit gedanklichem Nacherleben vergangener Spielerfahrungen, mit
Verhindern oder Planen der nächsten Spielunternehmungen, Nachdenken
über Wege, Geld zum Spielen zu beschaffen)
2. muss mit immer höheren Einsätzen spielen, um die gewünschte Erregung
zu erreichen,
3. hat wiederholt erfolglose Versuche unternommen, das Spielen zu kontrollieren,
einzuschränken oder aufzugeben
4. ist unruhig und gereizt beim Versuch, das Spielen einzuschränken oder
aufzugeben
5. spielt, um Problemen zu entkommen oder um eine dysphorische Stimmung
(z.B. Gefühle von Hilflosigkeit, Schuld, Angst, Depression) zu
erleichtern
6. kehrt, nachdem er beim Glücksspiel Geld verloren hat, oft am nächsten
Tag zurück, um den Verlust auszugleichen (dem Verlust «Hinterherjagen»)
7. belügt Familienmitglieder, den Therapeuten oder andere, um das Ausmaß
seiner Verstrickung in das Spiel zu vertuschen
8. hat illegale Handlungen wie Fälschung, Betrug, Diebstahl oder Unterschlagung
begangen, um das Spielen zu finanzieren
9. hat eine wichtige Beziehung, seinen Arbeitsplatz, Ausbildungs- oder
Aufstiegschancen wegen des Spielens gefährdet oder verloren
10. verlässt sich darauf, dass andere ihm Geld bereitstellen, um die durch
das Spielen verursachte hoffnungslose finanzielle Situation zu
überwinden.
B Das Spielverhalten kann nicht besser durch eine manische Episode erklärt
werden.
Hinweise auf eine „Spielerpersönlichkeit“
- Pathologische Glücksspieler sind keine einheitliche Gruppe
- irrationaler Kontrollglaube
- Selbstbezogenheit (narzisstisch)
Spielverhalten
- regelmässig längere Besuchszeiten
- regelmässig höhere Verluste
- häufig Bedienung mehrerer Spielautomaten
Prävalenzrate Glücksspiele in der Gesamtbevölkerung
- 80% haben Glückspielerfahrung
Häufigkeit komorbider Störungen bei pathologischen Glücksspielern
Häufigkeit
(Stichtagsuntersuchungen) Störungstyp
- 15-60% Alkoholabhängigkeit
- 20-80% Nikotinabhänigkeit
- 10-20% Cannabismissbrauch
- 10-20% Bipolare affektive Störung
- 10-50% Depressive Störung
- 30-80% andere Störungen der Impulskontrolle (z.B. Kaufzwang, ADHS)
Stadium der manifesten Spielsucht
- Unfähigkeit zur Abstinenz
- Zunehmende Verschuldung - Geldbeschaffung
- Exzessives Spielen bis zum völligen Geldverlust
- Persönlichkeitsveränderungen
- Selbstverachtung
- Stimmungslabilität
- Reizbarkeit
- Selbstrechtfertigungen
- Spielen beherrscht das Leben
- Sozialer abstieg
- familiäre Zerrüttung
- Verschuldung
- Arbeitsplatzverlust
- Straffälligkeit
- Kontrollverlust
Mögliche folgen des pathologischen Glücksspiels
psychisch - Persönlichkeitsveränderungen, Suzidalität, Substanzenmissbrauch
sozial - Verschuldung, Arbeitsplatzverlust, Beziehungsprobleme
somatisch - Zunahme Stressbedingter Erkrankungen
Volkswirtschaftliche Kosten - Ausfall der Produktivität, Therapiekosten
Strafrechtliche und kriminologische Aspekte - Vermögens- und Eigentumsdelikte
Bevorzugte Therapiemöglichkeiten heute
Umfrage bei praktizierenden Psychiatern (Kanada 1997) 84.2 % bevorzugen Kombination von Psychotherapie und Medikamenten
Aber: Unzureichende Forschungsbasis
Zur Behandlung der Spielsucht werden vor allem psychodynamische, systemisch-familientherapeutische, verhaltenstherapeutische, kognitive, kognitiv-behaviorale, multimodale, pharmakotherapeutische und 12-Stufen-Selbsthilfe-Verfahren
vorgeschlagen. Bisher liegen keine kontrollierten Wirksamkeitsstudien zu psychodynamischen,
systemischen und 12-Stufen-Selbsthilfe-Verfahren vor.
Quelle: Wenn Spielen pathologisch wird, F. Müller - Spahn, J. Margraf, ICD 10, DSM-IV